„Live dahäm“ als Startrampe für die große Bühne

Wieslocher Songwriter-Contest förderte viele Aha-Erlebnisse zutage
Wiesloch, 26. April 2021 „Wow, wo kommen denn die jetzt her?“ Eine Frage, mit der Moderator Olli Roth deutlich machte, welch enorme Vielfalt an musikalischer Kreativität es in der Metropolregion, also „dahäm“, noch zu entdecken gibt, und all das auch noch „live“. Das Wieslocher musikalische Urgestein setzte sofort nach: „Es ist so viel Potenzial da!“ Wieslocher Songwriter-Contest zum Ersten: Unter dem solidarischen Schulterschluss der Stadtverwaltung sowie der Bürgerstiftung Wiesloch, des Rotary Clubs Schwetzingen-Walldorf, SPD-Bundestagsabgeordnetem Lars Castellucci und des Best Western plus Kongress- und Kulturhotels Palatin sowie mit dem finanziellen Rückenwind zahlreicher Unternehmen und Privatpersonen aus der Region war die Austragung eines Wettbewerbs für Solomusiker, Duos oder Bands eine Premiere, die viele Aha-Erlebnisse zutage förderte.
Dem Umstand geschuldet, dass die Pandemie Live-Konzerte killt und damit den Künstlern die Existenz-Grundlage entzieht, war also das Contest-Streaming, das vom ersten Konzertabend bis zum Finale (insgesamt vier „Gigs“) immer mehr Zuschauerbeifall erhielt, der in Zeiten wie diesen bekanntlich an Zuschaltquoten, Reichweiten und Klickzahlen gemessen wird. Sei`s drum – gewöhnungsbedürftig für die Künstler war sicherlich, dass der tosende Beifall nicht hörbar war, dafür klatschte die Jury umso heftiger und die anschließenden Kommentare in den sozialen Netzwerken machten deutlich, wie dankbar nicht nur die Künstler, sondern auch das Publikum über dieses kulturelle Highlight war. Die Klickzahlen knackten beim dritten Konzertabend die 4000-Marke.
Das Konzept? Nicht nur gute Vertonung war gefragt, sondern in erster Linie Songs der Marke Eigenbau waren Voraussetzung. Keine Coversongs, keine nachgemachten Arrangements, sondern Stücke, die aus der eigenen Schublade stammen. Und da hat die Region rund um Wiesloch, Walldorf, Heidelberg, Mannheim und Sinsheim einiges zu bieten. „Musik ist immer eine tolle Sache“, verdeutlichte Olli Roth, „aber eigene Geschichten damit zu erzählen, ist immer ein Bonus-Paketchen“. Auf der Bühne des Palatins saß er zusammen mit Jutta Werbelow, Schlagzeugerin der Band „Nachtigallen“, Andrea Michals, Leiterin des Kulturamtes der Stadt Wiesloch, und am dritten sowie vierten Konzertabend mit Harry Schubkegel, Gründer des Musikhauses Session in Walldorf. Am ersten Abend indes wurde die Gastjurorenrolle von Jürgen Zöller, früherer Schlagzeuger bei BAP, und am zweiten Abend von dem Musiker Gigu Neutsch besetzt.
Die Spannung steigerte sich von Mal zu Mal: Zwölf Formationen hatten die Jury bei der Vorauswahl von sich überzeugt und schafften die erste Hürde, nämlich jene auf die Bühne: Die Solomusiker Christoph Engelsberger, Cris Cosmo, John Melo und Wolfgang Sing; die kleineren Formationen Robin Carpe, Freiheit, Vie au carrée und Glückskeks; die großen Bands Dequartier, Syntax, NR/O und LEYF. Ins Finale schafften es schließlich Cris Cosmo, Vie au carré, NR/O sowie der Publikumsliebling, also jene Musiker, die vom Publikum an den heimischen Bildschirmen die meisten Stimmen erhielten, nämlich die Band Dequartier. Ja richtig, das Publikum votete mit, war aktiv in den Entscheidungsprozess eingebunden. 24 Stunden lang war das Abstimmungstool nach jedem Konzertabend aktiv. Und währenddessen hatte es auch die Jury nicht leicht, denn die Qualität der Songs, der Sounds und der Perfomance war ein ums andere Mal überzeugend. So mancher Senkrechtstarter dürfte sich hier, „live dahäm“, schon mal positioniert haben. Und wie lautete da doch der Aufruf Harry Schubkegels: „Bucht Bands, auch die Amateure brauchen Unterstützung“. Freilich nahm sein Plädoyer die Hoffnung, dass dieser veranstaltungsfreien Zeit bald bessere folgen mögen, vorweg, implizierte jedoch vor allem, dass auch die Amateure Stimmung machen, „von oben eines auf die Mütze geben“, auf dass der Saal tobt. Wenn man denn dereinst mal wieder darf.
„Live dahäm“ dürfte durchaus als Startrampe auch für die ganz große Bühne verstanden werden, als Magnet für Kreativität, der das aus der Region herausholt, was in ihr schlummert. Doch wurden die Künstler nicht nur mit Lob und Ehre beschenkt, sondern erhielten auch eine attraktive Antrittsgage und gutes Preisgeld.
Für alle Beteiligten war der erste Wieslocher Songwriter-Contest eine spannende und bereichernde Erfahrung – und eine Herausforderung in einer Zeit, in der vieles einzuschlafen droht, was den Menschen lieb und teuer ist. Er brachte alles zusammen, was das Erleben so wunderbar potenziert: Die Kreativität der Musiker, die die Bühnenerfahrung brauchen wie das täglich Brot, die Erfahrung der Jury, das technische Know-How des Palatins und nicht zuletzt die Begeisterung des Publikums, das endlich wieder gezielt mit in die Runde gehoben wurde. Und die Sieger? Die vierköpfige, trilinguale Band aus den Quadraten Mannheims „Vie au Carré“ sicherte sich den ersten Platz und 2500 Euro für die Bandkasse. Zweiter wurde die Band NR/O (nothing rhymes with orange), ebenfalls aus Mannheim, die modernen Sound mit den Diskoklängen der 80er und funky Melodien der 70er kombiniert. Ihr Gewinn: 2000 Euro. Dritter wurde die Indie-Rock/Pop-Band Dequartier aus Wiesloch und sicherte sich 1500 Euro für die Bandkasse. Songwriter und Entertainer Cris Cosmo aus Eppingen gewann den vierten Platz und damit 1000 Euro. Die Musiker wurden zudem mit einer Antrittsgage von 300 Euro pro Person (maximal 1200 pro Formation) honoriert.
Die Veranstaltungsreihe fortzusetzen, dies wünschen sich auch die Jurymitglieder. Vielleicht heißt es dann nächstes Jahr: Wieslocher Songwriter-Contest zum Zweiten. Und wer weiß, vielleicht sogar „Live dahäm“ mit echtem Beifall, der auch wirklich zu hören ist.
Wer die Streamingreihe verpasst hat, kann alle Videos abrufen auf der Internetseite des Palatins unter https://www.palatin.de/live-stream/