Palatin Impression

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So wird der Livestream ganz intim

11.08.2020

So wird der Livestream ganz intim

Der Weg ist das Werk: Die Kulturszene lässt hinter die Kulissen blicken und setzt damit neue Trends

Wiesloch. Musik beflügelt. Die Corona-Pandemie jedoch erlahmte die gesamte Kulturszene. Die Antwort darauf? Übertragungen per Internet. Livestream also statt Publikumskonzert, oder als Kombi. Was aber, wenn sich dieses virtuelle Fenster auf die Bühne nun tatsächlich noch weiter öffnet, wenn es zu einem Mosaik wird, das die Vielfältigkeit von Kunst und Künstlern immer detaillierter offenbart? Was, wenn die Menschen am Computerbildschirm nicht nur fertige Bühnenproduktionen erleben, sondern mitten hineinspazieren dürfen ins „Wohnzimmer“ der Künstler, gar an den – freilich noch kaum bühnenreifen – Proben teilhaben und dabei live Zeuge werden, wie sich Ton für Ton, Geigenstrich für Geigenstrich das große Werk entfaltet? Das Mosaik nun, an dessen Entstehung das Palatin in Wiesloch mitwirken durfte, könnte eines Tages in der Fachwelt klassischer Musik eines Tages Standard sein und darf mit Fug und Recht als innovativ bezeichnet werden. So wird der Livestream nämlich ganz intim – und hebt sich ab vom Mainstream. Doch der Reihe nach: Ein Livestream, der die Proben der Heidelberger Sinfoniker beim Einspielen der noch fehlenden zehn CDs zum Vervollständigen des Haydn-Zyklus zeigt, wirkt zwar zunächst möglicherweise unspektakulär. Doch könnte er bald – obwohl kaum von den Medien beachtet – zum bedeutenden Zeitdokument für die klassische Kulturszene avancieren. Dies ist möglich, weil mehrere Rädchen ineinandergriffen. Dazu gleich mehr.
Mit digitalen Bühnen rettet sich unterdessen derzeit die Kulturszene, die davon lebt, die Menschen mit den Botschaften der Kunst zu erreichen. Nun aber mussten neue Wege gefunden werden. Dies meistern die Kulturschaffenden mit einer Qualität, ohne die Kunst gar nicht denkbar wäre: Mit Kreativität, die sich in einem fließenden Entwicklungsprozess ständig neu erfindet.
Und was machen wir daraus? Im Palatin? Wir sind Teil dieser Entwicklung, in der sich die Akteure, außerdem diejenigen, die ihnen eine Bühne bieten, sowie das Publikum gegenseitig befruchten und beflügeln.
Was heißt das nun konkret? Wir wollen dies an einem sehr wohlklingenden Beispiel erklären. Zurück also zu den Heidelberger Sinfonikern. Sie sind Experten der Wiener Klassik, wagen Neues mit den Werken vergangener Jahrhunderte und bringen den Haydn-Zyklus nun auf den neusten Stand. Ein ambitioniertes Projekt, das weit in die Zukunft hineinragt – ebenso wie der Trend, Kulturveranstaltungen in hybrider Gestalt sowohl konventionell auf der Bühne zu präsentieren sowie diese als Livestream mitten hinein zu zoomen in die Wohnzimmer der Gäste. Soweit die Entwicklung, die sich unter Einwirkung der Pandemie längst etabliert hat.
Doch nun kommt das Entscheidende: Die Zuschauer des Palatins durften an den Bildschirmen live bei den Proben der Heidelberger Sinfoniker dabei sein. Nicht die vollendete Sinfonie wurde präsentiert, nicht jeder Ton saß. Die Zuschauer waren vielmehr Zeuge eines kunstvollen Aufeinander Einspielens, das möglichweise Geschichte schreiben wird. In zweifacher Hinsicht: An dem Versuch, alle 107 Sinfonien des österreichischen Komponisten Joseph Haydn aufzunehmen, sind bereits viele Ensembles gescheitert. Das Orchester unter der Leitung von Johannes Klumpp bringt die Gesamteinspielung nun wissenschaftlich auf den neuesten Stand. Spätestens zu Haydns 300. Jubiläum im Jahr 2032 soll die weltweit aktuellste Edition schließlich Musikgeschichte schreiben. Und das Palatin ist ebenfalls auf dem Weg dorthin, wo man zurückblicken wird auf eine Zeit, als sich die Kulturszene neu erfinden musste und sich dadurch innovativ, kreativ und integrativ den Herausforderungen der Zeit gestellt hat. Und in der sich alle Akteure neu aufeinander einspielen müssen. “Die Schöpfung” übrigens, die die Geschichte rund um die Erstehung der Welt erzählt, gilt als eines von Joseph Haydns Hauptwerke. Neues zu schaffen, dies ist für die Menschen und die Kulturszene seit jeher elementar. Und gerade jetzt ist es wieder soweit. Das Palatin hat diese Weichenstellung erkannt und probt sich – ebenso wie die Heidelberger Sinfoniker – ins dereinst vielleicht wieder sinfonische Zusammenspiel von Künstlern, Bühne, Technik sowie der rasanten Entwicklung des digitalen Zeitalters, die es gilt, nicht zu verpassen. Wir jedenfalls sind dabei.
„Uns, unseren Gästen und den Künstlern, wurde der kulturelle Raum genommen. Wir müssen einen neuen Platz finden, der – wenn wir es richtig anstellen – auch nach der Pandemie als eigenständiger Kulturraum bestehen bleibt“, unterstreicht Palatin-Geschäftsführer Matthias Eckstein. „Das, was wir auf die Beine stellen, soll kein Ersatz oder schlechtes Abbild eines Kulturerlebnisses vor Ort sein, sondern eine Ergänzung, ein unabhängiges Kulturerlebnis von anderer Qualität.“ Alle Kulturbühnen Deutschlands stehen dieser Herausforderung gegenüber, die möglicherweise in einigen Jahren die Kunst- und Kulturlandschaft völlig umgekrempelt haben wird. „Unsere Veränderung ist eine kleine Geschichte, die als Teil einer Gesamtentwicklung der Kulturbühnen in Deutschland aber Relevanz hat“, betont Eckstein.
Die Fähigkeit, flexibel neue Kompetenzen zu entwickeln und ungewohnte Situationen mit Eleganz zu parieren, wird von den Mitarbeitern der Kulturszene zwar nicht erst seit heute gefordert, dennoch ist diese Qualität nun mehr gefragt denn je. So meint die Kulturmanagerin des Palatins, Julia Brinkmann, die das Werktstattkonzert der Heidelberger Sinfoniker moderierte und die Musiker zum anschließenden Interview traf: „Es war sehr aufregend, als Kulturmanagerin in die Rolle der Fernsehmoderatorin zu schlüpfen.“ Klassische Meisterwerke, vor rund 250 Jahren entstanden, die nun mitten hinein prallen in eine Zeit der Neuinterpretation der gesamten Kulturszene; professionelle Musiker und der Alltag eines städtischen Kulturzentrums – diese Begegnungen auf allen Ebenen gaben genug Impulse, Neues zu denken und zu wagen. „Im Vorfeld als auch während der Veranstaltung spürte man die Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, berichtet Julia Brinkmann von den ersten Proben, die per Livestream gesendet wurden.
Auch die Technik musste weit über den Tellerrand hinausschauen: „Livestreams sind spannendes Neuland für uns und einen Großteil der Branche – ein Sprung ins kalte Wasser“, teilt Andreas Naber, stellvertretender technischer Leiter des Palatins, mit. „Es ist etwas völlig anderes als der Livebetrieb.“ Denn: Kameras funktionieren anders als Augen. Der Aufwand an Technik, Zeit und Personal ist ungleich höher. Dennoch schafft das Palatin dies gänzlich mit eigenen Ressourcen. Ein Kraftakt, doch einer, der die Mitarbeiter über sich hinauswachsen lässt. Zudem sind keine Proben im Vorfeld möglich, alles muss sofort im Livebetrieb funktionieren. Fehler bleiben dauerhaft im Netz bestehen und sind nicht – wie bei einer Liveveranstaltung – durch Humor und Charme schnell wieder auszubügeln. Das hybride Format ist ein Spagat: „Die Leute im Saal sollen nicht genervt sein von den auf der Bühne rumlaufenden Kameraleuten, für die Zuschauer zu Hause aber sollen die Einstellungen nicht langweilig werden“, erklärt Naber, der den großen Reiz der Aufgabe herausstellt: „Wir stehen all dem positiv gegenüber, da es aus gewohnten Formen herausholt, der technische Anspruch spannend ist und viel Kreativität gefragt ist.“
Da ist es wieder, das Spiel mit der Kreativität, dieser Funke, der das Neue entzündet und ein Feuer entfacht, das Kunst und Kultur erschafft und das erahnen lässt, wie wir mit Kultur, dem also, was den Menschen seit jeher ausmacht, in den kommenden Jahren umgehen werden. Diese Entwicklung zu greifen und die erforderlichen Werkzeuge dafür parat zu haben, wird das Überleben der Kulturszene sichern.

Zu unserem Livestream gelangen Sie direkt über unsere Website:
https://www.palatin.de/live-stream/

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